Begleitet uns auf unserer zweitägigen Exkursion rund um die geheimnisvollen Heiligen Häupter von Roermond. Von chaotischen Bahnerlebnissen über beeindruckende Kathedralen bis hin zu erstaunlichen Reliquien – unsere Ausflüge halten eine Vielzahl faszinierender Erkenntnisse bereit. In diesem Beitrag erhaltet ihr einen Einblick in unsere spannende Exkursion und in die Geschichte der Heiligen Häupter.
Von Miriam Bernards, Nele Möllenbernd und Maya Broich
Zwischen Kirchen und Chaos – Eine Exkursion nach Roermond
Die Heiligen Häupter von Roermond: Von ihrem Fundort hatten wir bereits gehört und gelesen; doch heute, am 8. November 2023, sollte es nach Roermond gehen, um den Fundort der Heiligen Häupter und weitere Reliquienfunde mit eigenen Augen zu sehen. Unsere Gruppe, bestehend aus Studierenden und Dozent*innen der TH Köln (TAF- & OR-Studiengang) und des Studiengangs Geschichte an der Universität Mannheim, machte sich also auf den Weg nach Roermond. Doch bis dahin war es ein langer Weg, denn bei den planmäßigen zwei Stunden Zugfahrt mit Umstiegen in Mönchengladbach und Venlo sollte es nicht bleiben. Und dennoch: Am Ende des Tages würde sich zeigen: Der lange Weg hat sich gelohnt!
Um 8.25 Uhr sollte unsere Reise nach Roermond am Kölner Hauptbahnhof beginnen. Wir alle waren pünktlich vor Ort – nur der Zug nicht. Aufgrund der Verspätung verpassten wir leider unseren ersten Anschlusszug in Mönchengladbach. Gestrandet in einer Bäckerei in Mönchengladbach, betrachteten wir vorerst nur unser Frühstücksgebäck anstatt spannende Reliquienfunde. Dann ging es endlich weiter mit dem Zug nach Venlo. Und tatsächlich konnten wir dort sofort in unseren Anschlusszug nach Roermond einsteigen. Geschafft, nun würde es bald losgehen – dachten wir. Denn kaum saßen wir im Zug, da wurde uns per Durchsage mitgeteilt, dass dieser leider nicht weiterfahren kann. So kamen wir schließlich mit dem nächsten Zug und knapp 1,5 Stunden Verspätung an unserem Ziel an.
Vom Bahnhof aus ging es dann zu Fuß zum ersten Stopp: der Munsterkerk. Dort wollten wir mehr über den Fundort der Heiligen Häupter, die Stadtgeschichte von Roermond und die Kirche selbst erfahren. Mit der Munsterkerk wurde im 13. Jahrhundert ein herausragendes Bauwerk für die Stadt Roermond geschaffen. Im 19. Jahrhundert betraute man den renommierten Architekten Pierre Cuypers, gebürtig aus Roermond, mit inzwischen notwendigen Restaurierungsarbeiten.
Die Heiligen Häupter wurden im Jahr 2011 unter einem ehemaligen Altar auf der Empore gefunden. Wir konnten nun also live sehen, woher die Häupter stammen, mit denen wir uns in unserem Projektbefassen. Außerdem bot der Besuch der Kirche den Online-Redakteur*innen unter den Studierenden natürlich eine super Gelegenheit, Interviews zu führen und Fotos vom Fundort zu machen – also Content für die geplante Website zu den Heiligen Häuptern zu produzieren.
Nicht weit entfernt und in Fußnähe der Munsterkerk liegt die Sint Christoffelkathedraal, benannt nach dem Heiligen Christophorus, dem Beschützer der Reisenden. Die Kathedrale liegt mitten in der Stadt, direkt am Marktplatz und ist sowohl von innen als auch von außen ein beeindruckendes Bauwerk. Dort hatten wir die Möglichkeit, weitere Reliquien und Beigaben zu betrachten: zehn große Schubladen, gefüllt mit Textilien, Knochen, Schmuckstücken, wie gestickten Blumen und vielen Kostbarkeiten mehr, die in einer kleinen Kiste auf dem Dachboden der Munsterkerk gefunden worden waren.
Besonders die Bandbreite an unterschiedlichen Mustern der Textilien, die Kombination der Stoffe aus Leinen und Seide, sind Schmuckstücke der Arbeit von Klosterfrauen und faszinierten uns. Zudem hatte man damals in der Kiste von Hand geschriebene, aus Büchern ausgerissene Seiten sowie Papierstreifen gefunden, die sich auf das 17. Jahrhundert oder noch früher datieren lassen.
Mit einer Fülle von eindrucksvollen Bildern im Kopf und in den digitalen Speichern unserer Kameras ging es dann um circa 15.30 Uhr pünktlich von Roermond zum ersten Umstieg nach Venlo. Doch der Heilige Christophorus, Schutzpatron der Reisenden, war trotz unseres Besuchs in der nach ihm benannten Kathedrale nicht auf unserer Seite: Unsere Rückfahrt sollte noch chaotischer als die Anreise werden.
Der erste Zug von Venlo zurück nach Deutschland fiel aus. Zug Nummer zwei ebenfalls. Der Schienenersatzverkehr war schon voll besetzt und wir langsam, aber sicher etwas hoffnungslos. Aber wir trotzten niedrigen Temperaturen, Wind und Regen: Eine Bar, ein Restaurant in Bahnhofsnähe und gute Gespräche ließen uns das Beste aus unserem unfreiwillig verlängerten Aufenthalt in Venlo machen. Gegen 17.30 Uhr fuhr dann endlich der erlösende Zug Richtung Mönchengladbach ein und von dort ging es schließlich weiter nach Köln. Mit großer Verspätung verabschiedeten wir uns am späten Abend am Hauptbahnhof mit einem „Bis Morgen!“, denn dann ging es für uns weiter auf den Spuren der Heiligen Häupter …
Geheimnisse der Goldenen Kammer – Eine Exkursion in Köln
Als sich am Morgen des 9.11.2023 die Türen der rund 900 Jahre alten romanischen Basilika St. Ursula in Köln für uns öffneten, begann unser zweiter Exkursionstag rund um die Heiligen Häupter. Zuerst betraten wir das Herzstück von St. Ursula: die sogenannte Goldene Kammer. In ihr sind der Legende nach die Gebeine der Heiligen Ursula und ihrer 11.000 Begleiterinnen kunstvoll ausgestellt: in Reliquiaren und Knochen-Mosaiken. Tatsächlich hatte man auf dem römischen Friedhof, auf dem St. Ursula erbaut ist, unzählige Knochen gefunden – und glaubte aufgrund einer Inschrift aus dem 4. oder 5. Jahrhundert, der sogenannten Clematiusinschrift, dass es sich um die Gebeine der Heiligen Ursula und ihrer Gefährtinnen handelte.
Ihren Namen hat die Kammer dem Geschehnis zu verdanken, dass sie bei Sonneneinstrahlung in goldenem Licht erscheint. Schön, gruselig, aber vor allem beeindruckend fühlte es sich an, in einem Raum voller Gebeine zu stehen, die die Wände der Kammer verzieren.
Prof. Dr. Hiram Kümper, unserer Projektpartner aus Mannheim, führte uns hier in die Geschichte der Kammer ein. Die Goldene Kammer wurde während des Dreißigjährigen Krieges (1618-1648) gestaltet und ist stilistisch dem Barock zuzuordnen. Typisch dafür ist das Leitmotiv „Memento-Mori“, also „Bedenke, dass du sterben musst“, welches sich in der knöchernen Wandkunst eindrucksvoll widerspiegelt. Bis heute ist diese Kammer das größte Beinhaus nördlich der Alpen. Zu den Glanzstücken der Kammer zählen jedoch nicht nur die Gebeine, sondern auch viele verschiedene Büsten, welche Ursula und ihre Begleiterinnen repräsentieren und ehren sollen.
Wiederkehrende Eigenschaften für diese sogenannten “Ursulabüsten”, die den Raum schmücken, sind eine hohe Stirn, ein liebliches Lächeln und lockiges Haar. In den Köpfen der Ursulabüsten sind die Schädel der angeblichen Märtyrerinnen verwahrt. Wer sich die Reliquiare einmal aus nächster Nähe anschaut, wird feststellen, dass sich hinter Öffnungen im Brustraum der Büsten weitere kleine Knochenteile befinden.
Doch faszinierende Eindrücke konnten wir nicht nur in der Goldenen Kammer sammeln. Wir hatten auch die Gelegenheit, weitere Teile der Kirche zu besichtigen. Hierbei durften wir zum einen die eindrucksvolle Architektur der romanischen Basilika bewundern, zum anderen aber auch weitere Reliquien, die im oberen Teil der Kirche und hinter dem Altar ausgestellt werden. Im Altarraum konnten wir den angeblichen Schädel der Heiligen Ursula betrachten, der für uns besonders von Bedeutung war; denn Expert*innen ordnen die Heiligen Häupter von Roermond den Gefährtinnen der Heiligen Ursula zu.
Nach diesem eindrucksvollen Besuch in St. Ursula ging es mittags weiter zum Schnütgen Museum, welches eine große Sammlung mittelalterlicher Kunstwerke beherbergt. Das Museum ist in der romanischen Kirche St. Cäcilien untergebracht. Im Foyer trafen wir auf Christina Clever-Kümper, die im Museum Schnütgen für Kunstvermittlung zuständig ist und uns weitere Beispiele für Reliquiare vorstellte. Sie zeigte uns unter anderem weitere Ursulabüsten, die aufgrund der Legende von der Heiligen Ursula und ihrer 11.000 Gefährtinnen in großer Zahl angefertigt wurden.
Neben den Reliquiaren war im Schnütgen Museum ein Gemälde besonders interessant für uns, auf dem ein Teil der Ursula-Legende festgehalten wurde: Abgebildet ist die Bergung des Schädels der Heiligen Ursula, nachdem Kunibert, Bischof von Köln (um 623-663), ihr Grab im Kirchenboden entdeckt hatte. Unsere zweitätige Exkursion rund um Knochen, Kult und Konservierung hat uns sehr fasziniert und uns für Beiträge auf dieser Website in Wort, Bild und Ton inspiriert.
Für diesen Text haben wir, Miriam Bernards, Maya Broich und Nele Möllenbernd, die zweitägige Exkursion nach Roermond und Köln begleitet. Dabei haben wir Online-Redakteurinnen die wichtigsten und interessantesten Informationen aus den Vorträgen von Marianne Muller-Klaar, Bets Geelen, Christina Clever-Kümper und Prof. Dr. Hiram Kümper aufbereitet.